"Oppenheimer" - Die Bombe, das moralische Dilemma und ich | Breitbild
Regisseur Christopher Nolan widmet sich dem atomaren Vermächtnis von J. Robert Oppenheimer - und den Folgen
Das Leben von Physiker Julius Robert Oppenheimer ist untrennbar mit der Erfindung der Atombombe verbunden. Regisseur Christopher Nolan widmet sich diesem Vermächtnis in seinem Film Oppenheimer - und betrachtet die Folgen für die Menschheit und den "Vater der Atombombe". FluxFM-Filmexperte Ron Stoklas über einen Film, mit einer hohen Erwartungshaltung.
"Oppenheimer" - worum geht es?
Während sich Filmfans bei Barbie von Regisseurin Greta Gerwig lange fragen mussten, worum es im Film eigentlich gehen wird, ist die Handlung von Oppenheimer relativ einfach: Knapp vier Jahrzehnte aus dem Leben von Physiker Julius Robert Oppenheimer werden thematisiert. Dies geschieht jedoch nicht linear, sondern wie bei einer Montage, die zwischen den Zeitebenen wechselt. Im Mittelpunkt steht dabei die Arbeit des Wissenschaftlers als Leiter des Manhattan-Projekts, in dessen Rahmen die erste Atombombe entwickelt wurde.
J. Robert Oppenheimer: "Das ist ein Wettlauf gegen die Nazis. Und ich weiß, was das bedeutet, sollten die Nazis eine Bombe haben. Wir haben nur eine Hoffnung: Amerikas ganze Industriekraft und wissenschaftliche Innovation laufen hier zusammen. In einem Geheimlabor. Keiner darf raus, bis es vollbracht ist."
Nolan liefert bei seiner Adaption des Buches American Prometheus: The Triumph and Tragedy of J. Robert Oppenheimer (dt. J. Robert Oppenheimer: die Biographie) jedoch nicht nur einen Blick auf Lebensabschnitte Oppenheimers - unter anderem mit seiner Zeit als Doktorand in Göttingen -, sondern zeigt auch den Menschen hinter dem Physiker. Es geht um das durchwachsene Familien- und Liebesleben von Oppenheimer, das ethische Dilemma, in das er sich als Schöpfer der Bombe gebracht hat und die politischen Intrigen nach Kriegsende, um ihn zu diskreditieren. Weil er gegen das Aufrüsten war, wurde er verdächtigt, Kommunist und Sowjet-Spion zu sein, was in den USA der McCarthy-Ära ein No-Go war.
FluxFM-Kritik: Bildgewaltig und furchterregend schön
Für seinen Cast hat Crhistopher Nolan die Creme de la Creme Hollywoods versammelt. Allen voran Cillian Murphy als J. Robert Oppenheimer, Robert Downey Jr. als Lewis Strauss sowie Emily Blunt als Kitty Oppenheimer tragen den Film. Drei Kandidat:innen, die in den kommenden Monaten bei den verschiedenen Preisverleihungen vertreten sein dürften. Gleiches gilt für Komponist Ludwig Göransson. Die Musik des Schweden trägt den Film und sorgt für das dauerhaft furchterregende Gefühl.
Darüber hinaus ist Oppenheimer visuell der erwartet faszinierende Film - natürlich mit Nolans typischer Bildsprache in großen, epochalen Aufnahmen. Vor allem der sogenannte Trinity Test – der erste erfolgreiche Test einer Atombombe im Juli 1945 – ist perfekt inszeniert. Hier verbindet der Film die Dramaturgie des Drückens auf den roten Knopf, mit der Rücksichtslosigkeit der Menschen, die das Projekt vorangetrieben haben.
Leslie R. Groves: "Heißt das, es besteht das Risiko, dass wir auf den Knopf drücken und die ganze Welt vernichten?"
J. Robert Oppenheimer: "Dieses Risiko liegt bei nahezu null."
Leslie R. Groves: "Nahezu null?"
J. Robert Oppenheimer: "Was erwarten Sie von der bloßen Theorie?"
Leslie R. Groves: "Null wäre schön."
Was nicht vergessen werden darf: Niemand wusste, was passiert, wenn die Bombe explodiert. Es war alles nur Theorie. Für die Wissenschaftler stand sogar die Option im Raum, die Welt zu vernichten. Ein Sinnbild dieser Zeit: Macht um jeden Preis – entgegen moralischer Fragen.
Dieses Gedankenspiel, was Menschen bereit sind zu tun für Macht und Einfluss sowie ihren Platz in der Geschichte, liefert Nolan in Oppenheimer mit einem Blick auf Gesellschaft und Politik jener Zeit. Vom Jubel über den Einsatz der Atombombe in den USA, aller Todesopfer zum Trotz, bis zum Machtkampf zwischen Lewis Strauss, dem Vorsitzenden der Atomic Energy Commission, und Oppenheimer. Es ist furchterregend und faszinierend zugleich.