Frisch gepresst - mit The Drums und Smile
Rezension The Drums
Die Geburt von Jonny Pierce - für seine Mutter ein Albtraum. Gewaltvoll wird ihre Fruchtblase von einem Arzt zum Platzen gebracht. Viel zu früh setzen die Wehen ein. Das Baby kommt in einen Brutkasten, hat nur wenig Kontakt zur Mutter. Eine traumatische Erfahrung für beide. Erst als erwachsener Mann kann Jonny Pierce das Geschehene reflektieren - und zwar auf dem sechsten Album seines Projekts The Drums. Die Platte tauft er auf Namen, den er damals bekommt: Jonny.
"Isolette" ist das französische Wort für "Brutkasten". Geschrieben in dicken Lettern wird das Wort zum Titel seiner Vorabsingle. Und zum Symbolbild eines Lebensgefühls: Immer wieder hat Jonny den Eindruck, er hätte die Isolette nie wirklich verlassen. Das Verhältnis zur Mutter bleibt Zeit seines Lebens angespannt. Zu Tage tritt dieses beklemmende Gefühl in der für ihn untypisch frickeligen Nummer I'm Still Scared.
Jonny ist inzwischen das zweite The Drums-Album, das in Pierce' Eigenregie entstanden ist. Nach dem Zerwürfnis der Band vor einigen Jahren nutzt er die Unabhängigkeit für besonders persönliche Themen. Und so erzählt Jonny Pierce auf der selbstbetitelten Platte auch von brüchigen Beziehungen, Abhängigkeit und dem Alleinsein. "Meine Einsamkeit liebt mich mehr als du", heißt es da etwa auf dem irritierend fröhlichem Track Better.
Das ambivalente Bedürfnis nach Verschmelzung und totaler Abkapselung bildet den Kern dieser Platte - und zieht Pierce mal in die eine, mal in die andere Richtung. Den Ursprung dieser Zerrissenheit dröselt der New Yorker selbst-reflektiert und mit wachem Blick auf dem 16-Track-starken Album auf. Dabei fördert er so manch heftige Geschichte zu Tage. Doch trotz des starken Tobaks bleibt Jonny Pierce klanglich seiner altbekannten Linie treu. Nahtlos reiht sich dieses Album so in die zeitlos poppige The Drums-Diskografie ein.
(Autorin: Mathilda Schiller)
Rezension Smile
Smile - Price Of Progress
Eigentlich will Rubee True Fegan nur für ein halbes Jahr nach Deutschland - fürs Auslandsstudium an einer Kunsthochschule. Die aus Albuquerque in New Mexico stammende Musikerin bleibt dann aber doch etwas länger, bis heute sind es 8 Jahre. Ein Glück, denn sonst hätte sie wohl nie Smile mitgegründet, eine der erfrischendsten neuen Post-Punk-Bands des Landes.
Neben Sängerin Rubee komplettieren 4 weitere Musiker die Band. Gefunden haben sich alle in Bonn und schnell zeigt sich, dass das Quintett musikalisch auf einer Wellenlänge unterwegs ist. Die Anfangseuphorie wird dann jedoch von der Pandemie unterbrochen. Rubee steckt in Albuquerque fest, der Rest in Bonn. Trotz der Trennung arbeiten aber alle am gemeinsamen Projekt weiter, um nach all den Lockdowns dann richtig durchzustarten.
Woran sich Smile orientieren, wo die Referenzen liegen, wird schnell klar - im Spannungsfeld aus 80er-Wave, den Talking Heads, Devo und aktuellen Post-Punk-Acts wie Protomartyr oder Fontaines DC klingt die Band verdammt international, was nicht nur an der US-amerikanischen Sängerin liegt. Das ist mehr New York und Manchester als Bonn.
Für das Debütalbum Price Of Progress geht es mit Produzentenlegende Olaf Opal nach Köln ins Studio. Der poliert genau an den richtigen Stellen und verpasst Smile die Produktion und den Feinschliff, den die Band verdient hat. Am Ende steht ein vielschichtiges Post-Punk-Album, das auch über Deutschland hinaus Aufmerksamkeit erlangen wird.
(Autor: Micha Gehrig)
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"Frisch gepresst"-Historie: