Frisch gepresst - mit Erobique, Killer Mike und Readymade FC
FluxFM empfiehlt euch neue Alben
15.06.2023
Erobique - No. 2
Rezension Erobique
Dass Carsten Meyer alias Erobique die Serie Tatortreiniger vertont hat, ist mittlerweile popkulturelles Standardwissen. Mit seinen Soloalben verwirklicht er seine eigenen Vorstellungen - und die könnten sommerlicher nicht klingen.
Urlaub! Nicht nur in Italien! Egal ob Backpack-Reise durch Südamerika, Yoga Retreat auf Bali oder Sommer auf Balkonien: auf No. 2 streichelt der Klang des Rhodes Piano so sanft wie der warme, nächtliche Fahrtwind im Cabriolet auf Kreta, sorgen die balearischen Beats für unweigerliches Hüftkreisen am Sandstrand und stellenweise bricht die Platte in einen zurückhaltend-charmanten Mini-Rave aus.
Wie aus einem Guss zaubert Carsten Meyer ein Standardwerk in Sachen Sommersoundtrack. Mal überraschend-witzig, mal psychedelisch-einlullend, aber jederzeit gute Laune verbreitend.
Killer Mike - Michael
Rezension Killer Mike
Killer Mike gehört für viele zu den einflussreichsten Rapper:innen der USA. Das liegt vor Allem an seinem Engagement außerhalb der Musik. Als linkes Gewissen des Rap, Wahlkämpfer für Bernie Sanders, schwarzer Aktivist und Unternehmer. Mit seinem neuen Solo-Album wendet er sich jetzt der eigenen Autobiographie zu.
Michael ist das erste Solo-Werk seit über 10 Jahren. Für das er tief in der eigenen Geschichte gräbt. Die Vergangenheit als Drogendealer, die musikalische Sozialisation zwischen Gospel, Soul und Rap, familiäre Schicksalsschläge.
An einer Stelle auf Michael verfällt Killer Mike in überwunden geglaubte Muster. Schon vor Jahren hat er sich für homophobe Textstellen in alten Songs entschuldigt, nur um jetzt doch wieder eine einzubauen. 2023 kann man von einem Kämpfer für die gerechte Sache mehr erwarten. Zumal er mit anderen Dingen aus seiner Vergangenheit hart ins Gericht geht.
Mit Michael zeigt sich Killer Mike verletzlich, als komplexer Charakter, der aus der Vergangenheit aber auch eine große Portion Selbstbewusstsein geschöpft hat. Und der trotz Features von Ty Dollaer Sign, Future oder CeeLo Green der eindeutige Star der Show ist.
Readymade FC - I Can Change
Rezension Readymade FC
Unglaubliche 17 Jahre ruht das Projekt Readymade FC des Elektro- und Jazztüftlers Jean-Philippe Verdin aus Nantes. 17 Jahre in denen sich nicht nur die Musikwelt mehr als einmal neu erfinden musste, auch der französische Musiker hat sich für I Can Change neu zusammengesetzt. Davon zeugt nicht nur Albumtitel.
Trotz dessen, dass einige Skizzen 15 Jahre auf dem Buckel haben, klingt hier nichts angestaubt oder eingerostet. Hip-Hop Acts sind mittlerweile der favorisierte Sparringspartner von Verdin - die Wortgewalt geht Hand in Hand mit seinen Produktionen - und wenn eins schon immer wie Arsch auf Eimer gepasst hat, ist es Jazz und Hip-Hop, das war vor 40 Jahren so, vor 15 Jahren so und daran hat sich bis heute nichts geändert.
Beim Versuch ein möglichst breites Genrespektrum abzubilden, geht hinten raus ein wenig die Struktur verloren. Ändert nichts daran, dass auf I Can Change elf Songs Platz finden, die genau das beweisen: nämlich dass auch ein Mittfünfziger mit dem Zeitgeist gehen kann.
"Frisch gepresst"-Historie: